Paprika, Auberginen, Kürbis, Tomaten aussäen
Aus dem Garten

Gemüse selbst anziehen

Seit Jahren schon ziehe ich das Gemüse für meinen Garten größtenteils selbst an. Da ich immer wieder gefragt werde, wie das genau funktioniert, habe ich hier eine kurze Anleitung für euch.

Schritt 1: Das Saatgut.

Natürlich brauchst du zum Anziehen zunächst Saatgut. Ich würde immer samenfeste, traditionelle Gemüsesorten gegenüber den konventionellen F1-Hybriden bevorzugen. Das Thema mag im Gemüsegarten nicht ganz so dramatisch sein wie in der Landwirtschaft des globalen Südens, wo F1-Hybriden immer mehr kleine Landwirte von den großen Saatgutkonzernen abhängig machen, weil die sich ihr Saatgut nicht mehr selbst nachzüchten können. Auch du wirst aber abhängig von Konzernen, wenn du F1-Saatgut kaufst: Falls du beispielsweise im Herbst selbst Samen aus deinen Tomaten gewinnen und aufbewahren willst, werden die aus den Hybridsamen keimenden Pflanzen im nächsten Jahr „aufspalten“ und mit großer Wahrscheinlichkeit ihre guten Eigenschaften verloren haben. Da das Züchten eigener Lokalsorten und das Sammeln eigener Samen Spaß macht, würde ich schon beim Kauf der  Gemüsesamen auf die Sorten achten. Inzwischen erhält man auch in den meisten großen Gartencentern samenfestes Saatgut oder im Internet etwa bei Dreschflegel oder Arche Noah. Eine noch bessere Alternative ist natürlich das Tauschen von Saatgut, etwa mit anderen Gärtnern aus der Nachbarschaft oder mithilfe der Saatguttauschboxen, die es inzwischen in vielen Städten gibt (hier zum Beispiel in Darmstadt).

Schritt 2: Wann säen?

Das ist einfach: Alles, was kleine Samen hat, braucht länger und kann früher gesät werden. Auberginen und Chilis wachsen besonders langsam, du kannst sie ab Februar aussäen. Tomaten und viele Kräuter folgen im März, „große“ Samen wie Melonen, Zucchini, Kürbis oder Bohnen solltest du frühestens Mitte April säen, weil die Pflanzen sonst schnell zu groß für das Fensterbrett werden. Solltest du die Samen gekauft und nicht ertauscht haben, befindet sich auf der Verpackungsrückseite in der Regel eine Angabe zum Aussaatzeitpunkt.

Schritt 3: Wie säen?

Ich empfehle stabile Anzuchtgewächshäuser aus Hartplastik. Es lohnt sich hier etwas mehr zu investieren, um ein Minigewächshaus zu erstehen, das du in den nächsten Jahren noch verwenden kannst. In das Gewächshaus gibst du nun eine etwa 4-5 Zentimeter hohe Schicht aus Anzuchterde. In die Erde werden kleine Furchen gezogen, die Samen in Reihen hineingelegt und mit Erde bedeckt. Dabei ist wieder die Samengröße ein guter Anhaltspunkt: Die Samen sollen so tief gesät werden, wie sie groß sind. Tomaten, Paprika, Chilis und Auberginen bedeckst du also nur ganz leicht mit Erde, während Bohnen, Melonen und Kürbisse etwas tiefer gesät werden. Die Reihen markiert man gleich, etwa mit den im Handel erhältlichen Kunststoffschildchen, die man sich aber auch aus Verpackungsresten oder Eisstielen selbst basteln kann, damit man später noch weiß, welche Sorten man vor sich hat. Danach die Erde gut durchfeuchten, am besten klappt das mit einer Sprühflasche, weil dabei nicht die Gefahr besteht, die Samen wieder an die Oberfläche zu spülen.

Schritt 4: Beim Wachsen zusehen und pikieren

Nun wartet man auf die Keimung und hält das Anzuchtgewächshaus leicht feucht, aber nicht nass. Optimal sind Temperaturen um die 25 Grad, aber auch bei Zimmertemperaturen von etwa 20 Grad keimen früher oder später die meisten Samen. Die ersten Keimlinge schauen aus der Erde? Wichtig ist jetzt vor allem viel Licht: Optimal ist ein sonniges Südfenster. Da ich leider kein sonniges Fenster habe und mir in den ersten Jahren die Pflanzen immer „vergeilt“, d.h. schwach und in die Länge gewachsen und anschließend umgekippt  sind, musste ich auf künstliche Beleuchtung zurückgreifen. Dafür verwende ich zurzeit spezielle Pflanzen-LED-Lampen, die sehr gut funktionieren und recht wenig Strom verbrauchen.

Sind die Pflänzchen halbwegs stabil und haben neben den zwei Keimblättern mindestens ein echtes Blatt gebildet, wird es Zeit für das Pikieren: Jede Pflanze kommt jetzt in einen eigenen Topf, schwächlich wachsende Exemplare werden aussortiert. Ich empfehle dafür normale Plastiktöpfe, nach denen du etwa in Gärtnereien fragen kannst und die jahrelang verwendet werden können.  Eierkartons, Papptöpfe oder selbst gebastelte Töpfe aus Zeitungen sind zwar biologisch abbaubar, ich habe damit aber leider eher schlechte Erfahrungen gemacht. Sie trocknen sehr schnell aus, wenn man sie jedoch zu feucht hält, zerfallen sie oder fangen an zu schimmeln. Zum Umpflanzen nimmst du einen Holzstab oder den Stiel eines kleinen Löffels, schiebst ihn vorsichtig unter die Wurzeln und hebelst die Pflanze heraus. Die kleinen Pflänzchen werden nun etwas tiefer in ihren Topf, der mit Blumenerde (nicht mehr Anzuchterde!) gefüllt wurde, gesetzt. Wichtig ist jetzt eine hohe Luftfeuchtigkeit, bis die Pflänzchen wieder genug Feinwurzeln gebildet haben, also am besten den Deckel des Gewächshauses über die Töpfe stellen und die Belüftungsöffnungen schließen. Nach einigen Tagen kann die Luftfeuchtigkeit verringert und die Pflanzen langsam abgehärtet werden.

Schritt 5: Abhärten und Auspflanzen

Etwa 2-3 Wochen nach dem Umtopfen kannst du damit beginnen, die Pflanzen mit organischem Flüssigdünger nach Packungsanweisung zu düngen. Außerdem stelle ich die Pflanzen zur Abhärtung bei warmem Wetter tagsüber oft schon raus. Die Auspflanzung ins Beet sollte ans eigene Klima angepasst werden: Generell wird geraten, frostempfindliche Gemüsepflanzen erst nach den Eisheiligen (Mitte bis Ende Mai) auszupflanzen. Zumindest hier im Weinbauklima pflanze ich selbst aber oft schon Ende April: Frost im Mai ist hier sehr selten geworden, und die Pflanzen haben so eine um mehrere Wochen längere Vegetationsperiode. Mir sind auf diese Weise auch noch nie Pflanzen erfroren. Allerdings kann es bei längeren Kaltphasen im Mai zu einem Wachstumsstopp kommen – auch das Überleben die Pflanzen aber und holen bei warmem Wetter schnell wieder auf.

Titelbild: pixabay.com

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