Magazinbeute oder Bienenkiste?
Aus dem Garten

Selbstversuch: Imker werden – Bienenkiste vs. Magazinbeute

Imkern liegt im Trend – auch in Südhessen nimmt die Zahl an jungen Hobbyimkern in den letzten Jahren zu. Vielen von Ihnen geht es nicht in erster Linie um den Honig, sondern um die Naturerfahrung. Auch ich werde in diesem Jahr mit dem Imkern anfangen – und dabei die verschiedenen Möglichkeiten ausprobieren.

Schon seit Jahren überlege ich, mit dem Imkern anzufangen. Die Bienen mit ihrem komplexen Verhalten und der wichtigen Rolle als Bestäuber für viele Pflanzen faszinieren mich – genau wie viele andere Menschen, denn Imkern liegt im Trend. Doch wer mit dem Imkern anfangen und die Tiere auch noch möglichst artgerecht halten will, steht schnell vor schwierigen Entscheidungen. Das Internet ist zwar voller Informationen – doch die verwirren häufig mehr, als sie nutzen, widersprechen sich oder sind unverständlich.

Das liegt auch daran, dass die Imker in verschiedene „Lager“ gespalten sind, die kaum ein gutes Haar am anderen lassen. Die wichtigste Frage ist dabei die nach der Beute, also der Behausung, in der man die Bienen halten will. Anhänger einer sogenannten „wesensgemäßen“ Bienenhaltung empfehlen oft die von dem Verein Mellifera entwickelte Bienenkiste, in der eine natürliche und extensive Bienenhaltung besonders leicht möglich sein soll. Die meisten Imker lehnen die Bienenkiste aber ab – und sagen, dass man auch in den verbreiteten Magazinbeuten naturnah imkern kann. Dann gibt es noch viele weitere Anbieter, die sich gerade auf junge und umweltbewusste Stadtimker konzentrieren – wie etwa die „BienenBox“ vom Verein Stadtbienen, die Bienenhaltung auch auf dem Balkon ermöglich soll, aber sowohl von Imkern als auch von Mellifera kritisiert wird!

Die Qual der Wahl

Von den verschiedenen Meinungen, Beuten und Haltungsmethoden bin nicht nur ich verwirrt. Auch Carmen Erwin, die seit 2013 in Seeheim-Jugenheim mit der Bienenkiste imkert, schreibt mir:

„Es stellte sich irgendwann heraus, dass es deutlich weniger Bienen in unserem Garten gab – ein Imker in unserer Nähe hatte aus Altersgründen aufgehört. Wir begannen über die Bienenhaltung nachzudenken, wobei die meisten Bücher zu dem Thema  es sehr kompliziert und vor allem technisch erscheinen ließen. Mit viel Gerät, Aufwand und Kenntnissen verbunden. Ein Besuch beim Imkerverein mit einem Gespräch über Königinnenzucht war endgültig entmutigend und die Idee wurde erstmal verworfen“.

Carmen Erwin, Bienenkistenimkerin

Über das Internet erfuhr sie schließlich von der Bienenkiste – die Idee einer wenig arbeitsaufwendigen, naturgemäßen Bienenhaltung gefiel ihr auf Anhieb.

„Wichtig war uns eine wesensgemäße Haltung, bei der die Bienen Ihre Waben selber bauen können, und das Brutnest intakt und ungestört bleibt. Schwärmen als natürliches Fortpflanzungsverhalten wird nicht verhindert, sondern begleitet. Alles das kann man natürlich auch in einer Magazinbeute machen. Aber entwickelt wurde sie für etwas anderes, und da ich auch nicht die Zange nehme, um Nägel in die Wand zu hauen, fand ich für mich die Bienenkiste am besten.“

Carmen Erwin, Bienenkistenimkerin

Bei den Imkervereinen stieß sie mit dieser Sicht größtenteils auf Ablehnung – als „Teufelszeug“ sei die Bienenkiste bezeichnet worden. Der Vorsitzende des Bergsträßer Imkervereins, Klaus Brinkmann, zeigte sich aber offen für die Idee, unterstützte Carmen als Imkerpate und überließ ihr auch ihr erstes Volk.

Imker ohne Imkerverein?

Dass ein solcher offener Imker aber ein Glücksfall ist, bestätigt auch Erhard Maria Klein, der Erfinder der Bienenkiste:

„Da es bei der Bienenkiste weniger um intensive Eingriffe und gezielte Manipulation des Bienenvolks geht, sondern mehr um eine Begleitung des natürlichen Lebens des Bienenvolks, passen Imkervereine und Bienenkiste oft nicht sehr gut zusammen. Die Menschen dort kennen oft nur eine einzige Betriebsweise, die sie sich mühevoll im Laufe vieler Jahre angeeignet haben, und sie kennen einen freieren, natürlicheren Umgang mit Bienen oft gar nicht (also z.B. Naturwabenbau und Imkern mit dem Schwarmtrieb). Das kann Angst machen, bzw. zu Abwehrreflexen führen, weil es ja auch implizit die eigene Art Bienen zu halten, hinterfragt.“

Erhard Maria Klein, Entwickler der Bienenkiste

Er glaubt, dass vor allem ältere Imker, die noch in anderen Beuten geimkert haben, offen für die Bienenkiste sein könnten. Doch immer wieder, betont Carmen Erwin, kämen Vorurteile in den Imkervereinen durch. Trotz einiger Vorträge, die sie etwa beim Frankensteiner Imkerverein hielt, „kamen immer wieder dumme Kommentare“ – die auf Dauer sehr belastend waren. Ist es deshalb sinnvoll, ganz auf Imkervereine zu verzichten – und einfach ohne Paten loszulegen? Erhard Maria Klein jedenfalls hält das für möglich:  

„Junge Menschen fangen eher mit der Bienenkiste an zu imkern, als herkömmlich, weil sie eher die Ziele der Bienenkiste (einfach imkern, Beitrag zum Naturschutz leisten, sich an der Natur erfreuen) teilen und weniger an einer effizienten landwirtschaftlichen Produktionsweise von Lebensmitteln interessiert sind. Die Betriebsanleitung ist sehr klar und wer sich daran hält, hat ziemlich sicher Erfolg. Die Bauanleitung ermöglicht selbst handwerklich minderbegabten Menschen, eine Kiste selbst zu bauen. Daher ist der Beginn mit der Bienenkiste sehr kostengünstig. Das ist ja auch das Konzept der Bienenkiste: einen niederschwelligen Einstieg zu ermöglichen, um Menschen für Bienenhaltung zu begeistern. Ein nicht unwesentlicher Teil der „Bienenbegeisterung“, die in den letzten 10 Jahren neu aufgeflammt ist, geht sicher auf das Konto solcher Konzepte.“

Erhard Maria Klein, Entwickler der Bienenkiste

Imkerkurs und Bienenkiste

Ich habe mich deshalb nun für einen „Mittelweg“ entschieden. Ich besuche einen Imkerkurs – allerdings nicht bei einem Imkerverein, sondern bei einem Imker des NABU Seeheim-Jugenheim. Eckhard Woite ist Naturschützer und offen für naturnahe Bienenhaltung, imkert aber in Magazinbeuten. Hier werde ich im Laufe des Jahres die wichtigsten Arbeitsschritte beim Imkern lernen und mir, wenn alles klappt, ein eigenes Volk heranziehen. Gleichzeitig habe ich eine Bienenkiste in meinem Garten aufgestellt. Falls ich also rechtzeitig einen Schwarm, etwa von der Schwarmbörse, bekomme, werde ich noch in dieser Saison beide Varianten selbst testen – und hier natürlich davon berichten!

Interessante Links für Neuimker

Bauanleitungen und Erfahrungen mit der Bienenkiste:
https://www.bienenkiste.de/

Wie weit können Bienen fliegen, wenn ich sie in meinem Garten aufstelle? Das könnt ihr auf dieser Karte herausfinden: http://www.homecrossing.de/beespace/

Ihr braucht einen Schwarm für die Bienenkiste? Dann versucht es mal mit der Schwarmbörse:
https://www.schwarmboerse.de/

Titelbild: Symbolbild Bienenkiste, Copyright Bienenkistenprojekt / Mellifera e.V

2 Kommentare

  • Caro

    Hallo Herr Rieke,
    Komme selbst aus dem Odenwald, möchte dieses Jahr mit dem Imkern beginnen und tue mir ebenfalls sehr schwer, was die „Behausung“ betrifft. Fühle mich vom ortsansässigen Verein aber nur unterstützt, wenn ich die hiesigen Methoden übernehme… dabei interessieren mich sämtliche Alternativen viel mehr und so habe ich Sorge, nicht genügend Unterstützung zu bekommen.
    Deswegen wollte ich mal anfragen, wie das letztjährige (?!) Projekt ausgegangen ist?! Und ob man sich in Südhessen doch noch irgendwo „wertfrei“ aufgenommen fühlen darf?
    Herzliche Grüße, Caro

    • Robin Rieke

      Hallo Caro,
      ja, das Gefühl kenne ich…ohne einen langjährigen Imker, der einen unterstützt, ist der Anfang echt sehr schwierig. Mein Projekt ist deshalb leider auch vorerst gescheitert: Die Bienen waren in der Bienenkiste gut angekommen und haben den Sommer über fleißig gebaut, aber bei der Varroa-Behandlung im Spätsommer ist dann etwas schiefgelaufen. Ich habe die Behandlung mit Ameisensäure genau wie auf der Bienenkisten-Homepage geschildert durchgeführt. Das Problem dabei war aber, dass die Dosis viel zu hoch war. Der „Erfinder“ der Bienenkiste imkert halt in Norddeutschland, während es hier zur Behandlungszeit noch extrem heiß war und die Säure viel zu schnell verdunstet ist.
      Die Bienen waren dann ziemlich geschwächt und haben sich so noch bis in den Frühwinter geschleppt, aber das Volk hat den Winter jetzt leider nicht überlebt.

      Ich habe aber zum Glück inzwischen einen wertfreien „Imkerpaten“ und werde es im Frühjahr nochmal versuchen. Bei Eckhard Woite in Seeheim-Jugenheim gibt es einen Imkerkurs, der zwar auch an seinen Magazinbeuten stattfindet – aber wer anders imkert, ist hier dennoch willkommen. Bei Interesse kann ich gerne die Kontaktdaten per Email weiterleiten.

      Liebe Grüße
      Robin Rieke

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert