Die Ökobörse Bensem im Interview
Nach wie vor gehen weltweit junge Menschen für den Klimaschutz auf die Straße – in Südhessen finden neben den großen Demonstrationen in Darmstadt auch in kleineren Städten wie Bensheim immer wieder Demos von Fridays for Future. Aber auch in der Gesellschaft insgesamt tut sich etwas: Immer mehr Gruppen, Organisationen und Vereine gründen sich, deren wichtigstes Ziel eine Eindämmung des Klimawandels ist. Alleine an der Bergstraße gibt es mehrere solcher Neugründungen: Das Klimabündnis Bergstraße etwa, das sich für das Ausrufen eines Klimanotstandes stark gemacht hat, aber auch kleine, lokale Gruppen wie die Ökobörse Bensem, die ich euch in diesem Beitrag vorstellen möchte. Ich habe mich dazu mit Otto Merkel, dem „Gründervater“ der Ökobörse, getroffen – natürlich kam er mit dem Fahrrad zu unserem Treffen angeradelt.
StadtLandWandel: Herr Merkel, was muss ich mir eigentlich unter der „Ökobörse“ vorstellen?
Merkel: Wir sind ein kleiner Haufen Privatleute aus „Bensem“, also Bensheim, der sich zusammengefunden hat, um etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen. Wir haben eine Website erstellt, beteiligen uns an Aktionen und betreiben Infostände in der Bensheimer Innenstadt. Wir wollen generell das Thema mehr in die Öffentlichkeit bringen – eigentlich wie du.
StadtLandWandel: Stimmt. Aber wie bist du auf die Idee gekommen, die Gruppe zu gründen – und warum gerade jetzt?
Merkel: Naja, das war schon eine Reaktion auf Fridays for Future – das Thema Klima hat einfach gerade Konjunktur, das war ein günstiger Zeitpunkt. Ich war früher schon bei Attac politisch aktiv, habe jetzt aber 20 Jahre lang fast nichts mehr gemacht. Jetzt, in der Rente, habe ich wieder mehr Zeit – und wollte die nutzen, um etwas zu verändern.
StadtLandWandel: Ihr habt ja eine große Weltkugel, die ihr zu den Aktionen mitbringt. Was hat es damit auf sich? Wie wollt ihr den Menschen das Thema „Klimawandel“ näherbringen?
Merkel: Die Weltkugel soll natürlich für Aufmerksamkeit sorgen – das klappt auch gut. Bei unseren Aktionen versuchen wir aber vor allem, die Menschen nicht mit dem großen Ganzen zu erschlagen, sondern konkrete Themen zu diskutieren. Bei unserer ersten Aktion war das „Fridays for Future“, danach ging es zum Beispiel um die Themen Abfallvermeidung und individuelle CO²-Bilanz. Auch zur Wegwerfgesellschaft und dem Reparieren von Dingen, um sie länger nutzen zu können, haben wir in Zusammenarbeit mit dem Repaircafe Bergstraße schon was organisiert.
StadtLandWandel: Mit wem arbeitet ihr noch zusammen?
Merkel: Wir haben Kontakte zu Fridays for Future und Parents for Future. Außerdem sind wir ein Teil des Klimabündnis Bergstraße, wo außer uns noch viele andere Gruppen teilnehmen – zum Beispiel der Freifunk, die Energiegenossenschaft Bergstraße, einige Leute aus den Gewerkschaften, Pro Bahn, die Marktschwärmer oder die Permakultur Bergstraße…
StadtLandWandel: Was ist denn euer konkretes Ziel – was wollt ihr erreichen?
Merkel: Unser Ziel ist es zunächst einmal, die Öffentlichkeit in die Diskussion über den Klimawandel zu bringen. Was ich aber besonders wichtig finde ist, dass bei allen Maßnahmen auch die soziale Verträglichkeit beachtet wird. „Sozialökologische Transformation“, heißt das auf unserer Website – und bedeutet, dass diejenigen, die wenig haben, nicht hinten runterfallen sollen. Deshalb finde ich es auch so wichtig, dass hier im Kreis Bergstraße die Gewerkschaften dabei sind…
StadtLandWandel: Was habt ihr in nächster Zeit noch für Aktionen geplant?
Merkel: Wir haben noch einige Themenideen – wir würden zum Beispiel gerne das Thema Ernährung angehen, am besten zusammen mit der Foodsharing-Gruppe an der Bergstraße. Oder mit den klassischen Tafeln – dann hätte man die soziale Komponente auch wieder stark mit drin. Auch mit dem BUND wollen wir etwas zum Thema Artenvielfalt machen. Wichtig wäre aber auch, die Aktionsformen insgesamt zu erweitern und kreativere Formen des Auftretens auszuprobieren. Ich denke zum Beispiel an Videos, etwa Porträts von Leuten, die hier in der Region was machen.
StadtLandWandel: Dann wünsche ich euch noch viel Erfolg dabei. Vielen Dank für das Gespräch!